Kundensegmentierung bei Banken – heute und morgen

Banken segmentieren ihre Kunden in Kundensegmente – wie andere Unternehmen auch. Und die Segmentierung ist bei den meisten Banken ähnlich: Retailkunde, Privatkunde, Firmenkunde, Institutionelle Kunde und innerhalb dieser Kundengruppe nochmals nach Assets under Management (AuM) oder ähnlich klassifizieren. Und sie tun das aus drei Gründen:

  • Weil es einfach und zweckmässig ist.
  • Weil es alle anderen auch so tun.
  • Weil man es schon immer so gemacht hat.

Drei Gründe die aufhorchen lassen und dazu animieren, nach neuen Ansätzen zu suchen.

Warum man Kunden segmentiert

Aus welchem Grund unterteilt man Kunden eigentlich in verschiedene Kundensegmente? Was ist das Ziel einer solchen Kundensegmentierung?

Im Groben geschieht das aus zwei Gründen:

Da keine Unternehmung jeden Kunden individuell betreuen und ansprechen kann, gruppiert man die Kunden. Kunden sollten innerhalb einer Gruppe, bezüglich für den Kauf wichtiger Merkmale, gleich sein und damit wahrscheinlich das gleiche Kaufverhalten zeigen. Gleichzeitig sollten sich die Gruppen untereinander in Bezug auf diese Merkmale und das Kaufverhalten deutlich voneinander unterscheiden».



Klassische Kundensegmente von Banken sind ungeeignet für digitale Kunden

Die eingangs erwähnte Kundensegmentierung von Banken kann all das natürlich nicht (mehr) erfüllen. Die Bedürfnisse der Kunden innerhalb dieser Segmente sind (heute) sehr unterschiedlich. Ein Teenie hat nicht dieselben Bedürfnisse wie ein Familienvater. Und dieser hat wiederum andere Bedürfnisse als ein Rentner. Darum sind Banken teilweise dazu übergegangen, gerade bei den Retail- und Privatkunden, auch den Lebenszyklus bei der Segmentierung zu beachten.

Reichen diese Verfeinerungen nun, um die Kunden zielgerichtet anzusprechen? Mit Sicherheit nicht. Vielleicht haben die noch ausgereicht, als Kunden noch in die Filiale kamen. Je digitaler Kunden werden, desto weniger sind diese Kundensegmente hilfreich.

Ein Beispiel:

Die Bedürfnisse eines Familienvaters unterscheiden sich je nach Situation. Beim Familienausflug in den Zoo will er den Eintrittspreis mit seiner Mobile Payment Lösung schnell und unkompliziert bezahlen. Den Hinweis in der APP für die neue, fancy «24/7 Steuerberatung mit Steuerspargarantie» seiner Bank nimmt er nicht wahr (oder zumindest interessiert es ihn nicht). Am Abend des 29. März hingegen, wenn er an seinem Computer sitzt, um noch schnell die Steuererklärung hinzubiegen, sieht die Situation ganz anders aus.

Das Bedürfnis des Kunden unterscheidet sich also vielmehr nach der aktuellen Situation (Kontext) als nach seinem Vermögen, Alter oder der allgemeinen Lebenssituation.

Technik ermöglicht neue Konzepte

Dieses Beispiel schreit geradezu nach einem Paradigmenwechsel. Und dieser wird nun, langsam aber sicher, auch möglich. Denn bislang fehlte schlicht das Wissen über die Kunden. Auch die Ansprache des Kunden im richtigen Kontext war bislang sehr schwierig und meist nur mit grosser Unschärfe und Streuverlust möglich.

Neu (oder bald) stehen neue Datengrundlagen für die Segmentierung – und somit zur zielgenauen Kundenansprache und -betreuung – zur Verfügung:

  • Aufenthaltsort
    Der Kunde kann via Smartphone/IP-Adresse problemlos lokalisiert werden
  • Kanalpräferenz
    Welche Geschäfte der Kunde über welchen Kanal erledigt kann aufgezeichnet und ausgewertet werden
  • Interessen
    Das Surfverhalten des Kunden in Kombination mit CRM-Notizen der Kundenberater offenbaren, wofür er sich wirklich interessiert
  • Vorlieben
    Aufgrund Posts, Likes und Kommentaren in den sozialen Medien wissen wir, was den Kunden sonst noch bewegt
  • Stimmungslage
    Realtime Voice Recognition ermöglicht es, die Stimmung des Kunden während des Gesprächs zu erkennen

Zu ähnlichen, spannenden Resultaten kommt auch eine Studie von ibi-research.

Innovative Segmentierungsansätze - ibi research
Innovative Segmentierungsansätze – ibi research

Fixe Segmente waren gestern

Heute segmentieren die meisten Banken ihre Kunden nur periodisch, z.B. einmal pro Jahr. Mit den neuen technischen Möglichkeiten wird eine Realtime-Segmentierung möglich. Und das wiederum führt zu einer schnelleren und korrekteren Ansprache des Kunden bei ändernden Umständen.

Künftig verbessern Machine Learning Algorithmen die Treffgenauigkeit der Segmentierung laufend und selbständig. Dann wird der Computer selber neue Segmente bilden und irrelevante Segmente wieder löschen.

Für die Banken wird das ein Umdenken erfordern. Die klassische Denkweise «Kundenberater A betreut das Segment X in der Region 2» wird keinen Platz mehr haben. Kunden werden künftig von der Person betreut, die im aktuellen Kontext am meisten Mehrwert für den Kunden bringt. Und das wiederum hat Auswirkungen auf Organisation, Prozesse, System und Performance-Messung.

Too much Science Fiction?

Stimmt, es wird noch eine Weile dauern bis wir da sind. Banken sind aber gut beraten, sich schon heute mit neuen Segmentierungslogiken auseinanderzusetzen. Denn zumindest die Kanalpräferenz wäre ja ein Indiz, nachdem man heute schon problemlos segmentieren könnte. Und dadurch den Kunden da abholen, wo er sich bewegt.

Eines ist klar: Je mehr Informationen systematisch verfügbar sind, desto genauer kann man segmentieren und desto gezielter wird die Ansprache des Kunden. Und das haben doch schon einige Banken erkannt (siehe auch Studie von ibi-research)

Segmentierung abhängig von verfügbaren Daten - ibi research
Segmentierung abhängig von verfügbaren Daten – ibi research

 

Credits:

http://www.business-wissen.de/hb/vorgehen-bei-der-kundensegmentierung/
https://mindrevolution.com/de/blog/mindset/relevanz-kontext-und-emotion
http://www.ibi.de/images/Presse/Studie_Kundensegmentierung_Management_Summary.pdf
Titelbild: Adobe Stock, Standard-Lizenz, Bild zugeschnitten

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