FIDLEG kommt – das bringt es den Kunden

Seit 1.1.2020 ist es soweit: Das FIDLEG (Finanzdienstleistungsgesetz) ist in Kraft. Das Gesetz soll, in erster Linie, den Schutz der Kunden verbessern. Da lohnt es sich, mal etwas genauer hinzuschauen und den Bankkunden offen und ehrlich zu sagen, was ihnen das Gesetz bringen wird.

Die bösen Banken

Was ist eigentlich vorgefallen, dass wir im Jahr 2020 plötzlich unsere Kunden vor den Banken schützen müssen? Betrügen die Schweizer Banken ihre Kunden systematisch? Die Antwort ist so einfach wie langweilig: Nein!

In der Bankenkrise wurde aber offensichtlich, dass einige Banken und die Berater, Produkte verkaufen, die sie selbst nicht verstehen. Und dass es Kunden gibt, die etwas kaufen, das sie nicht verstehen. Nein, das alles fand nicht in der Schweiz statt. Aber es waren auch Schweizer Banken beteiligt.

Es haben sich also einige Banken nicht an bestehende Regeln gehalten. Gerade in Europa sah man das als Anlass, um eine neue Regulierung einzuführen – MiFID II. Diese neugeschaffene Regulierung regelte auch den Marktzugang zum Europäischen Finanzmarkt. Sie verlangt, dass Banken von Nicht-EU-Ländern, gleichwertigen Regelungen in ihrem Heimatland, unterworfen sind.

Einmal mehr hat die EU also die Schweiz schlicht unter Druck gesetzt und diese ist eingeknickt. Das hat zu Beginn der Diskussionen noch zu gehässigen Artikeln geführt. Heute ist es da ruhiger geworden.

Prospekt und Basisinformationsblatt

Einer der wesentlichen Pfeiler von FIDLEG ist die Prospektpflicht. Banken sind neuerdings verpflichtet, für alle Effekten (Wertpapiere, Wertrechte, Derivate und Bucheffekten) einen Prospekt zu erstellen. Also fast alle – das Gesetz regelt, über zwei A4-Seiten hinweg, Ausnahmen.

Aus dem Prospekt kann der Bankkunde dann alle wichtigen Informationen des Wertpapiers entnehmen, wie z.B.

  • Verwaltungsrat, Geschäftsleitung, Revisionsstelle der Firma
  • Halbjahres- oder Jahresrechnung
  • Angaben zur Geschäftslage
  • Angaben zu den Perspektiven, Risiken und allfällige Streitigkeiten

Selbstverständlich muss der Prospekt vor Veröffentlichung von einer Prüfstelle kontrolliert und freigeben werden.

Ein solcher Prospekt macht sicherlich für komplizierte Effekten, wie z.B. Derivate, Sinn. Die Erstellung des Prospekts ist aber mit Aufwand verbunden. Und dieser wird mit Sicherheit auf die Kunden abgewälzt werden – in der einen oder anderen Form.

„Neu“: Berater mit Fachkenntnissen

FIDLEG definiert, dass Kundenberaterinnen und -berater über hinreichende Kenntnisse und Fachwissen verfügen müssen. Zum Glück! Bislang wurden die Kunden ja eigentlich nur durch inkompetente Berater bedient.

Spass beiseite: Schon bisher haben die Bankkunden in der Schweiz von sehr gut ausgebildeten Bankberatern profitiert.

Seit neuestem müssen sich die Berater registrieren lassen, damit die Kunden jederzeit überprüfen können, ob ihr Bankkundenberater auch Bankkundenberater ist.

Die Banken müssen sicherstellen, dass sie nur Berater beschäftigen, die über die nötigen Kenntnisse verfügen. Und wie stellen sie das sicher? Nichts einfacher als das: Alle Bankberater müssen sich einheitlich zertifizieren lassen. Es wird nicht erstaunen, dass diese Regelung eine regelrechte Zertifizierungsindustrie in Gang gesetzt hat. Das damit beachtliche Kosten verbunden sind, dürfte niemanden erstaunen.

Auch an dieser Stelle sei erwähnt: Diese Kosten werden ebenso, früher oder später, in der einen oder anderen Form, von den Kunden bezahlt werden.

Gut beraten

Kundenschutz ist im FIDLEG das A und O. Der Kunde soll nichts kaufen (können), das für ihn nicht geeignet ist, oder das er nicht versteht. Deshalb muss der Kundenberater immer eine Angemessenheits- oder Eignungsprüfung machen.

Was auf den ersten Blick eine tolle Idee ist, wird in der Praxis zusätzlichen administrativen Aufwand bedeuten. Denn der Kundenberater muss das alles dokumentieren. Einerseits um sich selber zu schützen und andererseits, weil es seit 1.1.2020 vorgeschrieben ist. Um ganz sicher zu sein, wird er deshalb immer vom Kunden eine Unterschrift verlangen.

Der geneigte Leser ahnt es schon: Auch das verursacht zusätzliche Kosten, die wieder jemand begleichen muss.

Noch viel stossender ist hier aber: Ein tolles Kundenerlebnis ist das ja sicher nicht. Banken werden schon heute wegen der ausufernden Administration bemängelt. Das wird sicher nicht besser.

Was bringt es nun den Kunden?

In erster Linie bringt das neue Gesetz den Bankkunden also zusätzliche Kosten und vermutlich auch ein schlechteres Beratungserlebnis.

Denn das neue Gesetz regelt eigentlich all das, was bei den Banken schon lange normal war. Nun müssen sie aber zusätzlichen Aufwand betreiben, um das zu beweisen.

Die allermeisten Banken und Kundenberater in der Schweiz haben ihre Kunden schon bisher professionell und gut beraten. Und die Banken haben schon bislang sichergestellt, dass das so ist. Denn die Beratung war und ist für Banken zentral – genauso wie Vertrauen und Sicherheit.

Marktzugang – schön wär’s

Wenn es dem Kunden schon nichts bringt, bringt es denn den Banken etwas? Vermutlich Fehlanzeige.

Denn ob FIDLEG gleichwertig zu MiFID II ist, ist umstritten. Vermutlich führt kein Weg an einem sektoralen Abkommen vorbei.

Zu wenig beachtet wurde auch das Lugano-Übereinkommen (LugÜ). Es ermöglicht nämlich EU-Kunden von Schweizer Banken zu verlangen, dass sie die MiFID II-Richtlinien einhalten. Aus diesem Grund haben die grossen Banken, die im EU-Raum tätig sind, schon längst die MiFID II-Regeln komplett umgesetzt.

Das neue Gesetz trifft also hauptsächlich die kleineren und mittelgrossen Banken. Und die sind oftmals gar nicht im europäischen Ausland tätig.

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