Gestern fragte mich eine Contact-Center-Mitarbeiterin einer Bank, ob wegen der Künstlichen Intelligenz ihr Job in Gefahr sei. Studien zeigen, dass sie mit dieser Angst nicht allein ist. Viele Arbeitnehmer scheinen einen Jobverlust wegen KI zu befürchten.
Ist die Angst begründet?
KI wird immer leistungsfähiger
Tatsache ist, dass die KI-Systeme immer leistungsfähiger werden. Es gibt Experten, die erwarten auch künftig massive Leistungssteigerungen – vielleicht sogar so, wie man sie von den Computerchips kennt.
Erste Gehversuche mit intelligenten Systemen an der Kundenschnittstelle finden bereits statt. Und es zeigt sich, dass es immer schwieriger wird zu unterscheiden, ob ein Mensch oder eine Maschine auf eine Anfrage geantwortet hat.
Die Umsetzung eines virtuellen Bankberaters, der allgemeine Fragen beantwortet, ist nicht sehr aufwändig. Mit nur wenigen Stunden Aufwand lässt sich mit ChatGPT ein gut funktionierender Prototyp herstellen – zugeschnitten auf die jeweilige Bank. Richtig geprompted – ein Kandidat für das Wort des Jahres – sind die Antworten recht zuverlässig.
Wer sich intensiver mit KI-Systemen befasst, erkennt schnell, dass diese Technologien immer mehr in unseren Alltag vordringen.
Bank-Jobs werden sich verändern
Virtuelle Kundenberater sind beeindruckend. Aber sind sie auch die grosse Gefahr für alle «echten» Kundenberater?
Wohl kaum. Banken wollen die Mitarbeitenden an der Kundenschnittstelle vor der Bearbeitung von Standardfragen zu entlasten und sie für gewinnbringende Tätigkeiten einsetzen. Für die Beantwortung von Fragen wie: «Wo ist die nächste Filiale?», oder «Wie sind die Öffnungszeiten?», braucht es keine Menschen. Schon heute versuchen die meisten Banken genau diese Fragen über die Webseite oder (nicht intelligente) Chatbots abzufangen.
Vielversprechender ist da die Unterstützung der Bankberaterinnen und -berater durch künstliche Intelligenz. So könnte eine KI den Telefongesprächen zuhören und in Echtzeit auf dem Monitor des Mitarbeiters Empfehlungen und Wissen anzeigen. Durch eine blitzschnelle Analyse des Kunden, kann die Maschine optimale Verkaufshinweise geben – «Next Best Action» wird so endlich ein sinnvolles Konzept. Die KI kann zudem während des Gespräches feststellen, ob der Kunde zufrieden war und falls nicht, gleich interne Eskalation angestossen werden. Was hier 2018 vorgeschlagen wurde, wird nun Realität.
In der Kundenkommunikation werden intelligente System wohl zuerst in der Bearbeitung der E-Mail-Flut eingesetzt werden. Spam filtern, E-Mails analysieren und klassifizieren – und gleich einen Antwortvorschlag erstellen: Das wird wohl bald bei vielen Unternehmen eine künstliche Intelligenz übernehmen.
Mehr Stellen trotz höherer Effizienz
Heisst das nun, dass viele Stellen verloren gehen? Ehrliche Antwort: Ich weiss es nicht.
Mit einem Blick in die Vergangenheit kann man davon ausgehen, dass sogar noch mehr Arbeitskräfte nötig sein werden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Produktion von Schriftstücken.
Im Mittelalter wurden Schriftstücke in Schreibstuben in Klöster kopiert und vervielfältig. Das Schreiben und Kopieren war ein Beruf für ein paar wenige, gut ausgebildete Mönche. Pro Kloster waren ungefähr 20 – 30 Mönche damit beschäftigt, Kopien von Schriftstücken zu erstellen.
Für diese Mönche war das Aufkommen des Buchdrucks das Ende – zumindest für deren Arbeit. Brauchte es danach weniger Menschen für das Kopieren und Vervielfältigen? Wurden weniger Schriftstücke erstellt? Im Gegenteil! Druckereien schossen wie Pilze aus dem Boden. Drucker ist ein Beruf, der sich bis heute gehalten hat.
Mit der Einführung von Computern und Kopiergeräten gerieten dann Druckereien stark in Bedrängnis. Plötzlich konnte man alles selbst drucken. Wurde deswegen weniger geschrieben, kopiert und vervielfältigt? Wohl eher nicht. Es gab kaum eine Zeit, in der mehr Papier verbraucht wurde.
Erst das Fortschreiten der Digitalisierung hat zu einer Abnahme des Papierverbrauchs geführt. Aber auf keinen Fall zu einer Abnahme von Arbeitskräften, die für das Erstellen von geschriebenen Erzeugnissen benötig werden. Noch nie waren so viele Menschen damit beschäftigt, Texte in Maschinen einzugeben, wie heute.
Es braucht auch künftig Menschen, die im direkten Kontakt mit Kunden stehen. Menschen, die andere Menschen beraten, ihnen etwas verkaufen. Aber das Berufsbild wird sich ändern. Ein Teil der Arbeit wird wegfallen – vielleicht ja der Teil, den man nie wirklich geschätzt hat. Dafür kommen neue Aufgaben dazu.
Zusammen geht es am besten
Künstliche Intelligenz wird die Kundenberaterinnen und Kundenberater in Banken unterstützen. Zusammen – Mensch und KI – wird man ein völlig neues Kundenerlebnis gestalten.
Damit Mitarbeitende diesen Wechsel aktiv gestalten können und nicht verändert werden, lohnt es sich am Ball zu bleiben. Einfach mal die neue Technik ausprobieren. Aber auch diese Empfehlung ist nichts Neues.