Conversational Banking: Die Zukunft des digitalen Bankings

Im Jahr 2017 habe ich mich mit dem Thema Messenger Banking auseinandergesetzt und die Potenziale von Chatbots im Finanzsektor beleuchtet. Seither hat sich die Technologie rasant weiterentwickelt, und heute sprechen wir von Conversational Banking. Und durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) werden ganz neue Dimensionen erreicht. Während damals Chatbots lediglich vorprogrammierte Antworten lieferten, ermöglichen moderne Systeme eine nahezu menschliche Interaktion. Banken nutzen Conversational AI künftig nicht mehr nur als Ergänzung, sondern zunehmend als zentralen Bestandteil ihrer digitalen Strategie.

Vom Messenger zu Conversational Banking

Während anfängliche Chatbots hauptsächlich regelbasiert arbeiteten und einfache Anfragen bearbeiteten, nutzen moderne Conversational AI-Systeme fortschrittliche Technologien wie Natural Language Processing (NLP) und maschinelles Lernen. Diese ermöglichen es, den Kontext und die Intention der Nutzer besser zu verstehen und somit komplexe Interaktionen zu führen. Seit dem Aufkommen von leistungsstarken Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT und Copilot ist die Implementierung solcher Systeme heute schneller und kostengünstiger möglich als je zuvor. Conversational AI wird damit zum Game Changer und vielleicht sogar zur Überlebensfrage für Banken.

Moderne LLMs haben die Sprachfähigkeiten von Conversational AI revolutioniert. Gesprochene Sprache zu verstehen und per Sprachausgabe zu antworten, stellt für diese Systeme keine Herausforderung mehr dar. Teilweise ist das sogar bereits in Schweizerdeutsch möglich – oder zumindest in etwas, das sich so ähnlich anhört.

Für Banken eröffnen sich damit ganz neue Möglichkeiten, mit Kunden zu kommunizieren – in Echtzeit und rund um die Uhr. Während klassische Chatbots vor allem für Nutzer konzipiert sind, die gerne tippen, wird es künftig für Bankkunden möglich sein, jederzeit mit einem virtuellen Berater zu sprechen. Und das unabhängig von der bevorzugten Sprache – denn die KI-Kundenberater haben einen eingebauten Fisch im Ohr.

Aktuelle Anwendungsfälle in Schweizer Banken

Boxcon beschreibt, an welchen Conversational AI Use Cases die Schweizer Banken aktuell arbeiten. Dabei geht es nicht nur um die Automatisierung einfacher Kundeninteraktionen, sondern auch um den gezielten Einsatz von KI, um Berater zu unterstützen, Prozesse zu optimieren und die Kundenerfahrung nachhaltig zu verbessern.

Beispiele für den Einsatz von Conversational AI

  • Vorbereitung von Kundenberatungsgesprächen: KI analysiert Kundeninformationen aus verschiedenen Quellen und bereitet Berater effizient auf Gespräche vor.
  • Dokumentation und Analyse von Beratungsgesprächen: Automatisierte Transkription und Analyse von Gesprächen erleichtern die Dokumentation und helfen, Kundenbedürfnisse besser zu verstehen.
  • Echtzeit-Unterstützung während Beratungsgesprächen: KI-basierte Co-Piloten liefern Beratern während des Gesprächs kontextbezogene Informationen und Handlungsempfehlungen.
  • Automatisierte Finanzberatung: Robo-Advisor kombinieren Datenanalyse mit Conversational AI, um Kunden personalisierte Anlageempfehlungen in Echtzeit zu geben.
  • Qualitätssicherung / Call Center Steuerung: Inhalte von Anrufen werden kategorisiert und auf Anrufgründe, besprochene Themen und Kundenzufriedenheit analysiert. Mit diesen Daten lassen sich die Effektivität und Effizienz des Call Centers erhöhen.

Vorteile für Kunden und Banken

Von Conversational Banking können Kunden und Banken profitieren – Win-Win also. Durch die Integration von KI-Technologien wird die Kommunikation effizienter, individueller und «menschlicher». Die Banken können ihre Dienstleistungen verbessern und gleichzeitig Kosten senken. Für die Kunden wird der der Kontakt mit der Bank zeitunabhängiger und bleibt trotzdem «persönlich».

  • 24/7 Verfügbarkeit: Kunden können rund um die Uhr Unterstützung erhalten.
  • Personalisierte Interaktionen: Durch die Analyse von Kundendaten können individuell zugeschnittene Empfehlungen gegeben werden.
  • Effizienzsteigerung: Routineanfragen werden automatisiert bearbeitet, wodurch Mitarbeiter entlastet und Ressourcen für komplexere Aufgaben freiwerden.
  • Barrierefreier Zugang: Kunden mit Seh- oder Hörbeeinträchtigungen profitieren besonders von Sprach- und Textlösungen.
  • Kostensenkung für Banken: Durch den Einsatz von KI können Banken Kosten im Kundenservice reduzieren, ohne die Servicequalität zu beeinträchtigen.

Herausforderungen und Ausblick

Eine grosse Herausforderung ist die Kundenakzeptanz. Wie eine Studie von Userlike zeigt, haben schon rund 80% der Menschen Chatbots genutzt – 60% sprechen aber lieber mit einem menschlichen Mitarbeiter. Es ist daher entscheidend, Conversational AI so zu gestalten, dass sie nahtlos in den menschlichen Service übergeht. Kunden sollten immer die Möglichkeit haben, zu einem menschlichen Berater zu wechseln.

Banken sollten zudem auf Kanäle setzen, die Kunden bereits aktiv nutzen und in ihren Alltag integriert haben. In der Schweiz ist WhatsApp mit Abstand der meistgenutzte Messenger. Laut dem IGEM-Digimonitor 2024 verwenden 89 % der Bevölkerung zwischen 15 und 75 Jahren täglich WhatsApp. Telegram, Threema oder Signal spielen nur eine untergeordnete Rolle und werden meist nur ergänzend genutzt. Es ist davon auszugehen, dass Kunden wesentlich mehr WhatsApp öffnen als die Bank-App.

Die Entwicklungen im Bereich Conversational Banking sind also vielversprechend. Man darf als Kunde und Bank gespannt sein, wohin die Reise geht. Eines ist sicher: Die Zukunft des Bankings wird immer stärker durch KI geprägt – und Conversational Banking spielt dabei eine Schlüsselrolle.

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