Ein Verein aus Bern kündigt an, im Januar 2015 eine neue Komplementärwährung in der Schweiz zu lancieren: den Bonobo. Bonobo steht dabei für «Bon ohne Boss».
Im Land des ältesten noch existierenden -und wahrscheinlich auch grössten- Komplementärwährungssystem, dem WIR, soll eine neue Komplementärwährung entstehen. Und das in der Hauptstadt der Schweiz, in Bern. Die Währung soll an der «Tour de Lorraine» lanciert werden, die sich 2015 dem Thema «Geld» widmet. Mit dem Eintritt zur «Tour de Lorraine» erwirbt man auch gleich Bonobo im Wert von CHF 5.-. Diese Vorgehensweise garantiert, dass schon gleich zu Beginn ein Menge von Bonobo geschaffen werden, die dann bei den angeschlossen Unternehmen zum Kauf von Produkten und Dienstleistungen eingesetzt werden können.
Zum Bonobo-Netzwerk sollen insbesondere nicht profitorientierte, demokratische organisierte, sozial und nachhaltig handelnde Betriebe und Organisationen gehören. Wer teilnehmen will, muss auf einem Fragebogen Auskunft darüber geben, wie gross die Lohnunterschiede unter den Mitarbeitenden sind und ob es Lohnunterschiede zwischen männlichen und weiblichen Mitarbeitenden gibt, was mit dem Betriebsgewinn passiert, wie die Entscheidungsprozesse funktionieren und was der Betrieb zur Sicherstellung eines umweltschonenden Verhalten unternommen hat. Die Entscheidung über die Aufnahme obliegt dann dem Vereinsvorstand. Hier wird denn auch klar, warum es in diesem Fall korrekt ist, von einer Alternativwährung und nicht von einer Komplementärwährung zu sprechen…
Im ersten Jahr sollen für die Benutzung von Bonobo keine Gebühren anfallen. Danach fallen moderate Gebühren an: 50.- pro Jahr für Betriebe und 25.- pro Jahr für Private.
Bonobo entstehen, indem sie mit Schweizer Franken gekauft werden. Ein Rücktausch in Schweizer Franken ist möglich, es fallen aber Umtauschgebühren von 2% + 10 Bonobo an. Im ersten Jahr wird auch auf diese Gebühren verzichtet, damit für niemand ein Risiko besteht. Auf der Webseite von Bonobo wird angetönt, dass künftig auch zinslose Darlehen in Bonobo vergeben werden sollen.
Bonobo werden als physische Währung in Form von Noten zu 5, 10, 25 und 50 ausgegeben. Rechtlich gesehen handelt es sich dabei um Gutscheine. Deshalb haben die Bonobo auch ein Ablaufdatum. Wie der Bund berichtet, werden die Noten in einer Kleindruckerei des Berner Kulturzentrums Reitschule gedruckt. Als Sicherheitselement soll ein aufklebbares Hologramm verwendet werden.
Es ist erfreulich, dass sich in der Schweiz eine weitere Komplementärwährung auf regionaler Ebene etablieren will. Bonobo haben durch Kombination mit Eintritt für die «Tour de Lorraine» ein gute Chance, schnell eine gewisse Verbreitung zu finden. Ob die Bonobo auch nach diesem Anlass eingesetzt werden, dürfte wesentlich von den Einsatzmöglichkeiten abhängen. Hier stellt sich die Frage, ob der ideologisch eingeschränkte Teilnehmerkreis genügend gross sein wird, um das Währungssystem nachhaltig zu betreiben. Zudem erscheint auch noch nicht ganz klar, warum jemand mit Bonobo bezahlen soll, wenn er das auch mit Schweizer Franken tun kann. Da fehlen vermutlich noch Währungselemente, z.B. die Unterstützung eines sozialen Projektes und ein Umlaufimpuls (Geldentwertung, Demmurage), wie man sie vom Chiemgauer kennt.
Ich bin gespannt, wie sich das Experiment entwickelt und drück die Daumen. Das auf der Webseite die auf den 8. Dezember 2014 in Aussicht gestellte Liste der Teilnehmenden noch nicht aufgeschalten ist, dürfte kein aber gutes Omen sein.
Nachtrag (7.2.2015): Inzwischen wurden 17 teilnehmende Betriebe veröffentlicht.